“Es geht immer um eines: Arbeitslose und Beschäftigte zu bekommen oder zu halten”, sagte Nahles bei ihrem Amtsantritt. Die Mobilisierung von Hausangestellten wird jedoch nicht ausreichen, um den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften zu decken. „Zusätzliche Arbeitsmigration ist notwendig. Wir brauchen nicht nur eine erfolgreiche berufliche Integration. Wenn wir die Menschen hier halten wollen, dürfen wir die soziale Inklusion nicht vernachlässigen.“ Nahles hat jetzt eine Autorität von rund 100.000 Mitarbeitern. Ihre Ernennung erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem große Arbeitsmarktreformen bevorstehen. Doch die Ausgangslage ist schwierig: Die Kassen sind leer. Die Ausgaben der Behörde im Zuge der Pandemie belaufen sich auf fast 50 Milliarden Euro. Lesen Sie auch Stellenangebote auf Rekordhoch Größter Posten war das Kurzarbeitergeld. Dadurch wurden Millionen von Arbeitsplätzen geschaffen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) spricht von einer “Erfolgsgeschichte”. Doch die vor 2020 aufgebaute Reserve von 26 Mrd. Euro ist inzwischen aufgebraucht. Der Bund muss laut “Handelsblatt” mehrere Milliarden Euro aufbringen – höchstwahrscheinlich in Form eines Kredits. Die eigentlichen Aufgaben der Behörde werden damit zu einer wirtschaftlichen Herausforderung. Lesen Sie auch Eurojackpot-Aktion online Und es soll noch größer werden. 328.000 Menschen erhalten noch Kurzarbeitergeld. Da jeder Antrag einzeln bearbeitet werden muss, übernehmen die Dienste einen erheblichen Mehraufwand. Im Vorfeld des Herbstes könnte die Zahl wieder steigen, was das Budget weiter belasten könnte. „Eine mögliche Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland würde zu Produktionsausfällen führen und auch den Arbeitsmarkt beeinträchtigen, insbesondere Kurzarbeit“, warnt Enzo Weber vom Institut für Arbeit und Beschäftigungsforschung (IAB). Und Peer-Michael Dick, Vorstandsvorsitzender der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW), fordert bereits eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes, um zu verhindern, dass die Arbeitslosigkeit bei Gasknappheit steigt.

Einwanderung: Behörden können viele Probleme nicht alleine lösen

Angesichts der angespannten Finanzlage muss sich Nahles einer ganzen Reihe von Reformen stellen. Da ist zunächst das große Thema Einwanderung. Ihr Vorgänger Detlef Scheele hatte die notwendige Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland mit 400.000 beziffert. Nahles unterstützt diesen Kurs. Mit der jordanischen und der ägyptischen Handelskammer wurden kürzlich Partnerschaften für die Akquise von Fachkräften geschlossen. Aber selbst wenn das 400.000-Ziel erreicht wird, wird es einige Folgeprobleme geben, die BA nicht alleine lösen kann. Experten kritisieren seit Jahren, dass die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen zu langsam und zu verhältnismäßig erfolgt – und dadurch eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt behindert wird. Zudem zeigen derzeit viele Geflüchtete aus der Ukraine, dass Sprachkurse nicht überall angeboten werden können – in vielen Jobs aber ein B1- oder B2-Sprachniveau die Mindestvoraussetzung ist. Auch das Angebot an Kita- und Schulplätzen reicht nicht aus. Als Nahles zum Leiter der BA ernannt wurde, gab es in der Ukraine noch keinen Krieg. Inzwischen sind in Deutschland mehr als eine Million Flüchtlinge registriert. Weil sich viele ukrainische Frauen arbeitssuchend gemeldet haben, ist die Arbeitslosigkeit nun den zweiten Monat in Folge auf 5,4 Prozent gestiegen. Fast 2,5 Millionen Menschen sind arbeitslos, darunter etwa 900.000 Langzeitarbeitslose. Minister Hale betont, der Arbeitsmarkt sei stabil – aber auch die durch die Flüchtlingsbewegung deutlich gestiegene Zahl von Sozialhilfeempfängern belaste die Kassen. Lesen Sie auch Das reduziert das Budget für die Digitalisierung – auch hier plant Nahles Großes. „Die BA hat als öffentliche Verwaltung einen langen Weg zurückgelegt, aber es geht noch mehr. Es geht darum, Menschen einen einfachen und modernen Zugang zu Behörden zu ermöglichen und ihre Mitarbeiter durch Automatisierung von alltäglichen Aufgaben zu entlasten“, sagt Nahles. Nun ist von „Jahrzehnten der Automatisierung“ die Rede. Dazu gehört auch künstliche Intelligenz. Offiziell heißt es, dies „schafft die Freiheit, mehr Arbeitnehmern mehr Zeit für die persönliche Beratung zu geben“. Es ist jedoch nicht klar, inwieweit Positionen betroffen sein werden. Andere Projekte sind einfacher: 2022 soll die Grundsicherung im Internet beantragt werden können. „Von der Bundesregierung erwarte ich, dass sie den öffentlichen Verwaltungen Nachholbedarf lässt“, sagt Nahles.

Nahles lehnt ein höheres Renteneintrittsalter ab

Dann gibt es den demografischen Wandel. Der Arbeitsmarkt wird in den kommenden Jahren mehr Menschen als junge Menschen verlieren – wenn die Lücke nicht durch Zuwanderung zu den Mangelberufen geschlossen wird. Deshalb hält die Debatte um ein höheres Rentenalter an. Zuletzt forderte Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf den Ruhestand mit 70 – Nahles wiederum lehnte bisher ein höheres Eintrittsalter ab. Und schließlich fiel die größte Arbeitsmarktreform seit Hartz IV in Nahles Amtszeit: das neue Bürgergeld. Ziel ist es, mehr Menschen für „nachhaltige“ Arbeit zu gewinnen, wie Hubertus Heil sagt. Generell soll es neben höheren Regelsätzen bald weniger Strafen, mehr Kulanz und finanzielle Anreize zur Weiterbildung geben. Kritiker bemängeln jedoch, dass die Reform genau das Gegenteil bewirken könnte. Nahles forderte einmal, Deutschland solle Hartz IV hinter sich lassen. Die Bewerbung liegt nun in Ihrer Verantwortung. Parteipolitisch sind Nahles’ Persönlichkeiten ein Hit für die SPD – auch wenn die ehemalige Parteivorsitzende einige Feinde in ihren Reihen hat. Nahles gilt als Autoritätsperson und als jemand, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Ihr Rücktritt als SPD-Vorsitzende im Jahr 2019 war auch heftiger interner Kritik geschuldet. Lesen Sie auch Spitzenpositionen für ehemalige Politiker
Die Erwartungen seien hoch, sagt jemand, der die SPD im Bundestag vertritt. „Nahles muss jetzt dafür sorgen, dass die Transformation endlich vorangeht.“ So kann es beispielsweise nicht sein, dass jetzt hunderttausende Flüchtlinge auf den Arbeitsmarkt drängen, der Einstieg scheitert an der Nichtanerkennung der Ausbildung. Alle künftigen Entscheidungen dürften dadurch erschwert werden, dass Vorstandsmehrheiten von nun an schwerer zu erreichen sein werden. Nahles muss sich stärker mit den Arbeitgeberverbänden abstimmen. Auf ihren Vorschlag hin ist Vanessa Ahuja seit dem Frühjahr im Vorstand. Im Ausschuss stimmen vier statt drei Personen ab. Hier können Sie sich unsere WELT-Podcasts anhören Zur Anzeige der eingebetteten Inhalte ist Ihre widerrufliche Einwilligung zur Übermittlung und Verarbeitung personenbezogener Daten erforderlich, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung benötigen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem Sie den Schalter auf „on“ stellen, erklären Sie sich damit einverstanden (jederzeit widerrufbar). Dies umfasst auch Ihre Zustimmung zur Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten an Drittländer, einschließlich der USA, gemäß Artikel 49 Absatz 1 Buchstabe a DSGVO. Hier finden Sie weitere Informationen dazu. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit über den Schalter und Datenschutz unten auf der Seite widerrufen.