Wer die Berichte der letzten Tage und Wochen genau verfolgt hat, kann glauben, dass Rudolf Anschober immer noch Gesundheitsminister ist. Der ehemalige Politiker der Grünen tritt in Talkshows auf, hält Vorträge und gibt viele Interviews. Jetzt hat er mit dem ORF über sein neues Buch und die nächsten Schritte im Kampf gegen die Pandemie gesprochen.
Krampfanfälle als Kündigungsgrund
Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass Anschober seine Tränen zurückhalten musste und am 13. April 2021 seinen Rücktritt vom Amt des Gesundheitsministers bekannt geben musste. Mehrere Schwächeanfälle und gesundheitliche Probleme führten dazu, dass der Politiker während der Pandemie seinen Posten aufgab . Er hatte damals bereits angekündigt, ein Buch über seine Erfahrungen als Österreichs oberster Pandemie-Regisseur zu schreiben. Anschober hielt seine Rede in “Pandemia. Insights and Prospects” Anschober spricht über seine Sicht auf die Krise. Anschober wollte Altkanzler Sebastian Kurz nicht zu sehr kritisieren: „Ein Account mit Sebastian Kurz wird nur die Ansichten der Schlüsselpersonen verbergen.“ „Stattdessen ist es wichtig zu erkennen, dass große Aufgaben nur gemeinsam bewältigt werden können“, sagt Europa-Politiker Anschober. Aber, wie er sagt: “Wir haben weltweit eine globale Krise, aber wir versuchen immer noch, sie national oder lokal zu ändern.” Mehr » Große Trauer um Rudi Anschober – Hund Agur ist tot Die Menschen würden immer mehr Vertrauen verlieren, wenn die Regeln und Maßnahmen für das Coronavirus so anders wären. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sagt Anschober: “Man kann nicht gut abschneiden, wenn andere anderswo schlecht abschneiden.” Größere Krisen könnten daher nur in größerem Umfang und mit einem gemeinsamen Ansatz gelöst werden. Anschober glaubt, dass der einzige Weg, die Pandemie unter Kontrolle zu bringen, darin besteht, sie in ganz Europa unter Kontrolle zu bringen. Dafür brauchen die Gesundheitsminister mehr Macht. Man müsse sich auf jeden Fall auf den Herbst vorbereiten, sagte Anschober und erinnerte daran, dass die Pandemie noch nicht vorbei sei. Der ehemalige Politiker würde auch bei der Reform der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beraten, wonach “ein besserer Datenknotenpunkt für Entwicklungen bei Pandemieereignissen auf der ganzen Welt geschaffen werden sollte”. Es braucht auch ein besseres Verhältnis zwischen Politik und Bevölkerung: Das Erfolgserlebnis muss wiederholt werden – und das Vertrauen muss wiederhergestellt werden.“
Keine Kleinigkeiten mehr
Mit Blick auf Österreich sei es jedenfalls wichtig, dass die Bundesländer und Wien wieder näher zusammenrücken, sagte Anschober. Sie sollten wissen, dass eine Stadt mit zwei Millionen Einwohnern ganz andere Bedürfnisse hat als andere Orte in Österreich. Lösungen müssten aber immer aus dem großen Ganzen heraus gefunden werden: „Was man in dieser Pandemie sieht, ist, dass das Kleinteilige auch seinen eigenen Populismus hat.“ Nav-Account TK Zeit16.04.2022, 20:28 | Akt: 16.04.2022, 20:28