Wien. Es ist selten ratsam, sich bei bedeutender Infrastruktur auf einzelne, fremde Länder zu verlassen. Das hat sich beim Krieg in der Ukraine einmal mehr gezeigt: Im Energiesektor ist Europa stark vom aggressiven Russland abhängig. Aber Europa ist nicht nur in Bezug auf Energie anfällig, sondern auch in Bezug auf den Seehandel. Grund dafür ist Chinas Einkaufsstrategie in europäischen Häfen. Athens berühmter Hafen Piräus beispielsweise ist zu fast 70 Prozent in chinesischer Hand, dort werden jährlich etwa fünf Millionen 20-Fuß-Container umgeschlagen. Piräus ist der größte, aber keineswegs der einzige europäische Hafen unter chinesischer Kontrolle. China ist einer der wichtigsten Akteure im Seehandel, das Volumen der Seegüter mit Europa beträgt etwa 24 Millionen Container. Um ein Tor nach Europa zu sichern und eine strategische Infrastruktur zu gewährleisten, baut China die neue Seidenstraße und kauft in vielen europäischen Häfen ein. Die staatliche chinesische Reederei Cosco und ihre Schwestergesellschaft China Merchant verfügen in insgesamt 14 Häfen, darunter Le Havre, Bilbao, Valencia und Malta, jeweils über eigene Terminals oder Beteiligungen an Hafengesellschaften. Der Verkauf europäischer Häfen hat bereits begonnen. Der Hafen von Piräus gilt als größter Verlust. Hintergrund des vor sechs Jahren erfolgten Verkaufs war, dass Griechenland wegen seiner enormen Verschuldung dringend Geld brauchte – China war sofort bereit. Die Kontrolle über die künftige Entwicklung des wichtigsten Hafens im östlichen Mittelmeer liegt nun in den Händen Europas.