Mit Benzin lässt sich Geld verdienen

In Zeiten, in denen Strom fast immer knapp ist – und in den kommenden Monaten noch knapper werden wird – treibt die letzte verkaufte Kilowattstunde den gesamten Markt in ungeahnte Höhen. Und dieser Strom wird mit Gaskraftwerken erzeugt. Das ist der geheime Grund für die guten Geschäftszahlen, die Energiekonzerne von RWE bis Eon derzeit veröffentlichen. Sie erzeugen massenhaft billigen Strom und werden dafür nach Goldstandard bezahlt. Sie sind nicht daran interessiert, ihren Gasbetrieb einzustellen – und sie sind nicht daran interessiert, auf Kernenergie umzusteigen. Denn der eine Rohstoff treibt die Preise in der Stromauktion, der andere würde sie nach unten drücken, wenn er am Netz bleibt. Würden Atomkraftwerke länger laufen, könnten sie ohne großen Aufwand zuverlässig sechs bis acht Prozent des deutschen Strombedarfs decken. Das würde den Markt nachhaltig entlasten – die Preise aber auch.

Ohne Erdgas wäre Strom billiger

Außerdem ist Deutschland Stromexporteur. In normalen Zeiten kaufen Länder wie Österreich, Norwegen und Schweden vor allem dann Strom von den Deutschen, wenn die Erneuerbaren zu viel liefern und andere Kraftwerke noch am Netz sind. Dann fallen die Preise im Short-Markt unter die Nulllinie. Damit das Netz trotz Überversorgung stabil bleibt, werden österreichische und skandinavische Wasserkraftwerke dafür bezahlt, mit deutschem Strom Wasser in Hochbecken zu pumpen. Aber auch diesmal gibt es sehr gute Exportgewinne. In Frankreich sind viele Kernkraftwerke nicht ans Netz angeschlossen, weil sie gewartet oder repariert werden müssen oder weil nicht genügend Kühlwasser vorhanden ist. Auch Italien und Österreich leiden unter diesem Ausfall und dem heißen Sommer. Sie können weniger Strom selbst erzeugen als sonst. Deutsche Kraftwerke springen gerne ein – schließlich sind die Strompreise in Frankreich und Italien derzeit höher als in Deutschland. Es wäre besser, Übergewinne nicht entstehen zu lassen, als jetzt an überhöhte Gewinnsteuern zu denken. Wenn die Stromerzeugung aus Gas auf das Nötigste reduziert wird, bleibt Strom zumindest halbwegs bezahlbar. Auf Betreiben der Bundesregierung können nun auch Kohlekraftwerke wieder ans Netz gehen. Es ist an der Zeit, auch über Kernkraftwerke eine Entscheidung zu treffen. Der Widerstand der Stromproduzenten beruht nicht auf Einsicht – sondern auf Profitmotiven.