Nach palästinensischen Angaben sind seit Freitag bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen mindestens 43 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt worden. Der Islamische Dschihad hat etwa 600 Raketen auf Israel abgefeuert.
diplomatische Bemühungen
Nach palästinensischen Angaben sind seit Freitag bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen mindestens 43 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt worden. Der Islamische Dschihad hat etwa 600 Raketen auf Israel abgefeuert. – © was / afp, Said Khatib Der Islamische Dschihad versprach in einer Erklärung am Sonntag, die Raketenangriffe ab 23:30 Uhr einzustellen, betonte jedoch sein Recht, auf jede neue „Aggression“ Israels zu reagieren. Auch Israel bestätigte das Abkommen und betonte, dass es bei Verstößen hart reagieren werde. Am Abend traf eine hochrangige ägyptische Delegation in Gaza ein, um die Einzelheiten eines möglichen Waffenstillstands auszuhandeln. Bereits am Nachmittag hatten ägyptische Sicherheitskreise mitgeteilt, dass Israel einem von Kairo vorgeschlagenen Waffenstillstand im Gazastreifen zugestimmt habe. Allerdings war zunächst unklar, wann die Waffenruhe in Kraft treten würde. Laut dem Leiter des politischen Arms des Islamischen Dschihad, Mohammed al-Hindi, beinhaltet das Abkommen, dass Ägypten Israel unter Druck setzt, Bassem al-Saadi und Khalil Awadeh freizulassen. Al Saadi, Anführer des politischen Arms des Islamischen Dschihad im Westjordanland, wurde am Montag festgenommen.
Vorne und Hinten
Israelische Medien berichteten dagegen, dass Israel keine Bedingungen für den Waffenstillstand akzeptiert habe. Das Prinzip „Ruhe für Ruhe“ sollte sich durchsetzen. Im vergangenen Jahr vermittelte Ägypten nach einem elftägigen Krieg auch einen Waffenstillstand zwischen Israel und der islamistischen Hamas. Das israelische Militär hat am Freitag die Militäraktion „Dawn“ mit Luftangriffen gegen den Islamischen Dschihad im Gazastreifen gestartet. Die Gruppe, die enge Verbindungen zu Israels Erzfeind Iran unterhält, wurde von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft. Seitdem haben militante Palästinenser nach Angaben des Militärs Hunderte von Raketen auf israelische Städte abgefeuert. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums des Gazastreifens wurden bei den israelischen Angriffen unter anderem 15 Kinder und vier Frauen getötet. Die israelischen Behörden bestritten die von den palästinensischen Behörden angegebene Zahl der Todesopfer und machten den Tod mehrerer palästinensischer Kinder in Jabalia im Norden des Gazastreifens auf einen gescheiterten Raketenstart des Islamischen Dschihad zurückzuführen. Der israelische Ministerpräsident Yair Lapid sprach von einer „präzisen Anti-Terror-Operation gegen eine unmittelbare Bedrohung“. Der Islamische Dschihad ist eine „iranische Stellvertreterkraft, die den Staat Israel zerstören und unschuldige Israelis töten will“. Nach Angaben des israelischen Militärs trafen ihre Angriffe 139 Stellungen des Islamischen Dschihad. Die gesamte Spitze des militärischen Flügels des Islamischen Dschihad im Gazastreifen wurde „neutralisiert“.
Islamischer Dschihad und Hamas
Der Islamische Dschihad ist nach der Hamas, die den Gazastreifen regiert, die zweitmächtigste militante Gruppe in den Palästinensischen Gebieten. Es hat enge Verbindungen zum Iran und feuert weiterhin Raketen auf Israel ab. In Israel wurden nach Angaben des Rettungsdienstes zwei Menschen durch Raketensplitter bei Beschuss aus dem Gazastreifen verletzt. Zudem wurden weitere 13 Personen leicht verletzt, als sie versuchten, sich in Sicherheit zu bringen. Unter anderem ertönten am Sonntagmorgen erstmals seit der erneuten Eskalation in Jerusalem, rund 60 Kilometer vom Gazastreifen entfernt, Luftschutzsirenen, und der Islamische Dschihad bekannte sich zu Raketenangriffen auf die Stadt. Nach Angaben des israelischen Militärs hat Israels Raketenabwehrschild Iron Dome die Raketen abgefangen, und insgesamt war dies bei 97 Prozent der Raketen erfolgreich. Am Samstag heulten auch in der Küstenmetropole Tel Aviv Luftschutzsirenen. Infolge der Eskalation kam das öffentliche Leben im Gazastreifen fast zum Erliegen. Das einzige Kraftwerk auf dem palästinensischen Gebiet musste nach Angaben der Betreibergesellschaft am Samstag wegen der Schließung von Grenzübergängen abgeschaltet werden, weil kein Diesel mehr in die Enklave gelangte. Der Krankenhausdirektor im Gazastreifen warnte vor einer “medizinischen Krise”. Die Verwundeten würden „jede Minute“ ins Shifa-Krankenhaus in Gaza gebracht, sagte Mohammed Abu Salmiya am Sonntag. Medikamente und Brennstoffe zur Stromerzeugung werden dringend benötigt, damit wir weiterhin Patienten behandeln können. Die aktuelle Eskalation der Gewalt ist die gewalttätigste im Gazastreifen seit Mai letzten Jahres. Die radikal-islamistische Hamas, die den Gazastreifen seit 2007 regiert, feuerte damals Raketen auf Israel ab und veranlasste die israelische Luftwaffe, Ziele im Gazastreifen zu bombardieren. Während der 11-tägigen Kämpfe wurden mehr als 260 Menschen im Gazastreifen und 13 in Israel getötet. Das Außenministerium in Wien hat am Sonntag den Raketenbeschuss auf Israel und die wahllosen Angriffe auf Zivilisten aufs Schärfste verurteilt. Sie “stehen voll und ganz zu Israels Recht auf Selbstverteidigung” und seien “besorgt über eine weitere Eskalation”, die zum Tod von Zivilisten führen könnte, teilte das Ministerium auf Twitter mit. (apa/dpa/reuters/afp)