Trotz der Menschenmassen auf dem Stephansplatz herrscht am Montagnachmittag eine beunruhigende Stille. Die Enttäuschung über den Tod der oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr ist deutlich spürbar. Obwohl er bereits voll ist, drängen immer mehr Menschen auf den Platz, etwa 3000, schätzt die Polizei. Alle wollen zum späten GP am Lichtermeer teilnehmen. Menschen halten Transparente. Auch die Polizei steht am Rande des Geschehens, aber die Lage ist entspannt und es gibt keine Impfgegner. „Ich hoffe auf ein starkes gemeinsames Zeichen des gesellschaftlichen Zusammenhalts und gegen Hass“, sagte Daniel Landau, Organisator und Initiator von #YesWeCare, gegenüber Kathpress, er stehe im Vorfeld der Veranstaltung in Kontakt mit dem Arzt. Das Zeichen ist gelungen. Auch nach der eigentlichen Veranstaltung bleiben die Menschen, reden miteinander, über Lisa-Maria Kellermayr und dass sich etwas ändern muss.
Drohungen seit Monaten
Der Mediziner war seit Monaten bedroht worden – offenbar aus der Impfgegner-Szene. Sie veröffentlichte auf ihrer Website auch Briefe mit drastischen Morddrohungen, die sie erhalten hatte. Nach eigenen Angaben investierte sie zuletzt insgesamt rund 100.000 Euro aus eigener Tasche in die Sicherheit ihrer Praxis. Im Juni schloss sie die Ordination zunächst vorübergehend, bevor sie schließlich die endgültige Schließung verkündete. Arbeitsbedingungen, “wie wir sie in den letzten Monaten erlebt haben”, seien für niemanden zu erwarten, begründete er den Schritt. Am Freitag beging sie bei ihrer Ordination Suizid. Die Kronen Zeitung berichtete am Wochenende, Kellermayr habe in Abschiedsbriefen das Landespolizeipräsidium und die Oberösterreichische Ärztekammer scharf kritisiert. Die Ärztekammer behauptete, dem Kollegen sei jede erdenkliche Hilfe angeboten worden. Zu dem Abschiedsbrief wollte die Polizei nichts sagen. Die Staatsanwaltschaft in Wales stellte im Juni ein Ermittlungsverfahren gegen einen deutschen Tatverdächtigen ein – mit der Begründung, nicht sie, sondern die deutschen Behörden seien schuld. In Österreich sucht die Polizei jedoch weiter nach unbekannten Tätern.
Sorge vielerorts
Auch vor der Apotheke in Oberösterreich und dem Gesundheitsministerium in Wien wurden Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet. Fast 300 Menschen nahmen am Montagabend an einer Mahnwache in der Innenstadt von Leeds und 150 Menschen am Gericht in Wels teil. In Linz wurden Kerzen um den Brunnen auf dem Taubenmarkt aufgestellt und Blumen vor einem Kellermayr-Bild aufgestellt. Nach einer kurzen Ansprache des Veranstalters verharrte die Menge noch einige Zeit in stiller Andacht. (APA/rot)