Zum Abschluss ihrer Reise nach Nordamerika unterstützte Außenministerin Baerbock Kanada im Streit um die Lieferung der Nord-Stream-Turbine. Künftig werden beide Länder als Wirtschaftspartner enger zusammenrücken.
Nach der Wartung einer Turbine für die Ostseepipeline Nord Stream 1 in Kanada steht die Regierung des Landes in der Kritik. Durch die Genehmigung der Wartung und Rücklieferung nach Russland umging es die Sanktionen gegen Russland. Doch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat bei ihrem Besuch in Montreal ihre Unterstützung für das Vorgehen der kanadischen Regierung deutlich gemacht.
„Als Regierung haben Sie sich für die europäische Solidarität eingesetzt“, betonte Baerbock bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrer kanadischen Amtskollegin Melanie Jolie. Baerbock warf Russland erneut vor, Energie als potenziellen Hebel nutzen zu wollen. Gerade angesichts einer solchen Bedrohung müsse klar sein: „Wir stehen zueinander, wir verteidigen uns. Und ich weiß, dass es dir nicht leicht gefallen ist. Vielen Dank dafür.“
Joly verteidigte auch erneut die Entscheidung ihrer Regierung, die Lieferung der Turbine zuzulassen. Es sei klar, dass Russlands Präsident Wladimir Putin einen „hybriden Krieg“ führe und „Spaltung in unserem Bündnis säen“ wolle. Das wollte ihr Land nicht zulassen.
Schuld an der Turbinen-Kontroverse
Am 11. Juli begannen die Wartungsarbeiten an der Gaspipeline Nord Stream 1 – nach etwa anderthalb Wochen floss wieder Gas von Russland nach Deutschland, wenn auch auf stark reduziertem Niveau. Bereits Mitte Juni hat der russische Staatskonzern Gazprom die Erdgaslieferungen auf rund 40 % der Maximalkapazität reduziert.
In der vergangenen Woche sind die Erdgasimporte in die Bundesrepublik erneut zurückgegangen – auf nur noch 20 % der potenziellen Lieferkapazität. Gazprom begründete dies mit weiteren anstehenden Reparaturarbeiten.
Scholz weist die Forderungen Russlands zurück
Die in Kanada gewartete Turbine steckt jedoch in Deutschland fest. Nach Angaben Russlands fehlten die notwendigen Dokumente. Schuld sind Sanktionen gegen Russland wegen der Invasion in der Ukraine.
Bundeskanzler Scholz wies diese Darstellung bei einem Besuch im Werk von Siemens Energy in Mülheim an der Ruhr klar zurück. Er machte Russland für Verzögerungen bei der Rückführung verantwortlich. „Es ist offensichtlich, dass dem Weitertransport dieser Turbine und ihrer Installation in Russland nichts, aber auch gar nichts im Wege steht“, sagte Scholz. “Es kann jederzeit getragen und verwendet werden.”
„Riesiges Potenzial“ als Finanzpartner
In Kanada untersucht derzeit ein parlamentarischer Ausschuss, ob die Genehmigung der Regierung zur Lieferung der Turbine rechtmäßig war. Jolie wird voraussichtlich am Donnerstag vor dem Ausschuss aussagen.
Doch Bundesaußenministerin Baerbock betonte in Montreal, sie sehe in Kanada mehr als nur einen Partner als geschlossene Front gegen Russland. Auch wirtschaftlich will die Grünen-Politikerin künftig enger mit Kanada zusammenarbeiten, darin sieht sie “riesige weitere Möglichkeiten”. Zum Beispiel beim Einbringen von Mineralien, Flüssiggas oder Wasserstoff.
In wenigen Wochen will Bundeskanzler Scholz auch nach Kanada reisen, um über eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit zu sprechen.
Außenminister Baerbock dankt Kanada für Gasturbine und warnt China
Georg Schwarte, ARD Berlin, aktuell Montreal, 03.08.2022 19:59 Uhr