Der Druck auf die Bundesregierung wächst
Verbraucherportale können mit der Einführung von Preiserhöhungen, die von Erdgasanbietern in ihren Tabellen angekündigt werden, kaum Schritt halten. Das Portal Check24 beispielsweise verzeichnet seit März dieses Jahres sieben Seiten dichten Druck und fast 540 Preiserhöhungen. Für einen durchschnittlichen Haushalt – hier definiert als 20.000 Kilowattstunden – stiegen die jährlichen Kosten mit vorangegangenen Steigerungen von durchschnittlich 1.846 Euro auf 2.816 Euro, ein Plus von fast 53 Prozent. Es klingt ähnlich wie Verivox. Allein im August, September und Oktober kündigten große Erdgasversorger 135 Preiserhöhungen von durchschnittlich 47 Prozent an, schreibt das Vergleichsportal. Die jährlichen Mehrkosten: rund 892 Euro.
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In diesen Erhöhungen nicht enthalten ist die Erhöhung nach dem Energiesicherheitsgesetz, die das Bundesfinanzministerium ab Anfang Oktober umsetzen will. Robert Habeck (Grüne) bezifferte ihn vergangene Woche auf 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattstunde. Die Umlage soll Energieunternehmen für 90 Prozent der Mehrkosten entschädigen, die ihnen entstehen, wenn sie russisches Ersatzgas auf dem Weltmarkt beziehen müssen. Die Erhöhung ist auch auf laufende Verträge zurückzuführen, bei denen eine anderweitige Preiserhöhung nicht möglich ist. Die genaue Summe soll bis Ende August bekannt sein. Wenn es wirklich 5 Minuten sind, müsste der durchschnittliche Haushalt bis zu 1.000 Euro mehr für Gas pro Jahr bezahlen. Der Allgemeine Verband der Wohnungswirtschaft schätzte kürzlich, dass ein vierköpfiger Haushalt inklusive Strom in diesem Jahr bis zu 5.000 Euro mehr für Energie zahlen müsste.
Auch wenn Ökonomen wie Veronica Grimm warnen, dass Preiserhöhungen für Privatverbraucher und Unternehmen wichtig seien, um mehr als bisher beim Sprit zu sparen: Je mehr Preiserhöhungsbriefe nun in den Briefkästen der Kunden landen, desto größer sei der Druck der Bundesregierung. zwei Hilfspakete – ihres im Wert von 30 Milliarden Euro – um ein drittes danach zu drängen. Die von Olaf Scholz (SPD) angekündigte Wohngelderhöhung und die Einführung eines Bürgergeldes statt Hartz IV reichen vielen innerhalb des Ampelbündnisses nicht aus.
“Vertrauen ist gebrochen”
Sowohl Matthias Miersch, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, als auch Andreas Audretsch, in gleicher Position mit den Grünen, fordern eine “Überschusssteuer” für Energieunternehmen. “Es ist zutiefst unfair, wenn nur Erdgaskunden für die Rettung von Uniper zur Rechenschaft gezogen werden müssen und gleichzeitig die großen Energiekonzerne Milliarden an ihre Aktionäre zahlen”, sagt Miersch. Audretsch ergänzt: „Wer von der Krise profitiert, muss dazu beitragen, Menschen mit wenig Geld gezielt finanziell zu unterstützen. Tun wir das nicht, bereiten wir deren gefährliche Propaganda für Putin-Sympathisanten, Verschwörungsideologen und Rechtsextremisten die Bühne.” Entlastungen wollen die Liberalen durch höhere Einkommensgrenzen im Steuersystem schaffen und so den sogenannten Cold Rollover reduzieren. „Die Bürger haben dadurch ein höheres Nettogehalt, das Preissteigerungen gezielt kompensiert“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer. Kritik an der Kommunikationspolitik der Regierung kommt von der Union. “Vertrauen ist zerstört, wenn eine Kanzlerrede eine Halbwertszeit von weniger als einer Woche hat”, sagt der klimapolitische Sprecher der Fraktion, Andreas Jung. Scholz sprach zunächst von einem Gaszuschlag von 2 Cent pro Kilowattstunde, Habeck sagte kurz darauf, es könnten auch 5 Cent sein. Jung kritisiert weiter: „Es ist absoluter Unsinn, dass die Bundesregierung 19 Prozent Mehrwertsteuer auf die Erdgasumlage aufschlagen will.“