Gerhard Weinhofer, Vorstandsvorsitzender des Gläubigerschutzverbandes Creditreform, sieht zwei Gründe für die Insolvenzwelle: „Zum einen sind staatliche Hilfen ausgelaufen und öffentliche Gläubiger stellen vermehrt Insolvenzanträge, zum anderen sind heimische Unternehmen betroffen. vor vielen Krisen gleichzeitig nach den Lockdowns, die die Wirtschaft bedrücken“.
Transport neuer Marktführer bei Insolvenzen
In Vorarlberg gab es im ersten Halbjahr 2022 insgesamt 51 Insolvenzen. Das sind 32 mehr als im ersten Halbjahr des Vorjahres. Das entspricht einer Steigerung von 168 Prozent. Niederösterreich (+188,7 %), Vorarlberg (+168,4 %) und Oberösterreich (+159,4 %) verzeichneten die höchsten Zuwächse. Die höchste Insolvenzquote gab es in der Bundeshauptstadt mit 10 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen, die niedrigste in Vorarlberg mit 3 pro 1.000 Unternehmen. Österreichweit mussten rund 7 von 1.000 Unternehmen Insolvenz anmelden. Am stärksten stiegen die Insolvenzen in Österreich im Kredit- und Versicherungswesen mit einem Plus von 185,7 Prozent, gefolgt vom Handel (+131 Prozent) und dem Transport („Verkehr und Nachrichtenübermittlung“) mit einem Plus von 128,3 Prozent. Handel (432), Dienstleistungen (416) und Baugewerbe (413) verzeichneten die meisten Insolvenzen. Die größten relativen Insolvenzen betrafen den Verkehrssektor mit fast 20 von 1.000 Unternehmen der Branche. Dies war das erste Mal, dass das Baugewerbe als am stärksten bedrohte Branche abgelöst wurde.
Auch die Privatinsolvenzen nahmen zu
Auch die Privatinsolvenzen haben in Vorarlberg zugenommen. Im ersten Halbjahr 2022 gab es in Vorarlberg 194 Privatinsolvenzen, das sind 24 mehr als im Vorjahreszeitraum. Österreichweit ist die Gesamtzahl der Privatinsolvenzen um rund 36 Prozent auf über 4.700 Verfahren gestiegen. Weinhofer erläutert die Gründe: „Die schnelleren Entschuldungsmöglichkeiten aus der Reform 2021 erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Hinzu kommen jetzt zunehmend Probleme mit steigenden Preisen und Lebensgrundlagen.” Im Bundesländervergleich zeigt sich das stärkste Wachstum in Tirol (+65,3 %), gefolgt von Oberösterreich (+56,4 %) und Niederösterreich (+54,4 %). Kein Bundesland verzeichnete einen Rückgang der Insolvenz. Ein Drittel aller Privatinsolvenzen ereignete sich in der Bundeshauptstadt. „Österreich steht erst am Anfang einer Phase zunehmender Privatinsolvenzen und ein Ende ist nicht in Sicht. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Aussichten aufgrund der multiplen Krisen (Lieferkettenprobleme, Krieg in der Ukraine, Inflation, Gefahr der Stagflation, ungelöste Pandemie) werden in den kommenden Jahren neue Rekorde bei den Privatinsolvenzen erwartet“, so Weinhofer.