von Ingo Jacobs

Wissenschaftler warnen davor, dass die Welt am Rande einer neuen Zika-Virus-Epidemie stehen könnte. Das Virus machte 2016 weltweit Schlagzeilen. Tausende Babys wurden mit Hirnschäden geboren, seit sich ihre Mütter während der Schwangerschaft infizierten. Laut US-Forschern reicht eine einzige Mutation aus, um eine explosionsartige Ausbreitung auszulösen. berichtet die BBC. Bedrohen uns invasive Mückenarten in Zeiten des Klimawandels?

Eine Zika-Infektion in der Schwangerschaft führt zu Mikrozephalie

Infiziert sich eine Mutter während der Schwangerschaft mit dem Zika-Virus, kann dies die Entwicklung des Babys beeinträchtigen und zu einer Mikrozephalie mit geschädigtem Hirngewebe führen. Zika wird durch den Stich infizierter Aedes-aegypti-Mücken übertragen. Eine jetzt im Fachblatt Cell Reports veröffentlichte Laborstudie des La Jolla Institute of Immunology in Kalifornien besagt: Das Zika-Virus kann sich sehr leicht verändern und schnell neue Varianten schaffen. Dann wären sie beim Transfer viel erfolgreicher. Und dies sogar in Ländern, die nach früheren Zika-Fällen eine Immunität entwickelt haben, so das Forschungsteam. Lesetipp: Erste Übertragung des Zika-Virus in Europa im Jahr 2019 Schädelmissbildungen bei einem Baby nach einer Zika-Infektion während der Schwangerschaft. © DPA

Labortests zeigen nur das Offensichtliche

„Letztendlich haben die Forscher hier im Labor aber nur gezeigt, dass auch das Zika-Virus schnell mutieren kann“, sagt Mediziner Dr. Christoph Specht. „Aber das ist nicht überraschend, das gilt für fast jeden Virus.“ Daher bestünde für den Einzelnen in Europa und Deutschland kein Anlass zu großer Sorge – denn die Mückenart Aedes aegypti ist vor allem in Asien und Amerika zu Hause. Zudem seien nur 20 Prozent aller Infizierten nach der Ansteckung symptomatisch und der Verlauf der Zika-Erkrankung sei eher harmlos, so der Experte. Hierzulande dürften sich nur diejenigen Sorgen machen, die in die betroffenen Gebiete der Welt reisen wollen und Kinder haben wollen.

Gesundheitsbehörden überwachen invasive Mückenarten

Aber auch deutsche Gesundheitsbehörden wie das Robert-Koch-Institut beobachten sehr genau, welche Mücken und damit Viren und Parasiten sich in Europa und Deutschland ausbreiten. Denn seit 2015 mehren sich Beobachtungen, dass sich einige Arten hier immer mehr ansiedeln. „Zunächst einmal reicht der berühmte alte Reifen voller Wasser auf einem Schiff aus, um Mücken einen Nährboden zu bieten“, sagte Specht, der Teil seiner Ausbildung an der Liverpool School of Tropical Medicine war. Auf diese Weise werden bisher nicht heimische Arten nach Europa transportiert. Lesetipp: Unsere Mücken werden gefährlicher – Schwere Erkrankungen nach Mückenstichen möglich

IM VIDEO: Sterilisation von Mücken, um Leben zu retten (Archiv, 2019)

Malaria wurde in Europa erst Ende der 1960er Jahre besiegt

So tauchte beispielsweise die Mücke Aedes aegypti nach jahrzehntelanger Abwesenheit im Jahr 2020 an der Schwarzmeerküste in Südrussland, Georgien und auch in der Türkei wieder auf. Darüber hinaus war die Art für eine Dengue-Fieber-Epidemie in den Jahren 2012-2013 mit etwa 2.000 registrierten Fällen auf Madeira verantwortlich und wurde 2017 auf Fuerteventura nachgewiesen. Und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis zum Beispiel Malaria in Europa, insbesondere in Italien, ein Problem war – obwohl Gott sei Dank die harmloseste Variante von Plasmodium vivax. Erst Ende der 1960er Jahre gelang es, Mücken und damit krankheitserregende Schädlinge in Europa auszurotten.

Kreis zwischen Menschen, Tieren und Insekten

Damit Mücken überhaupt Krankheiten übertragen können, müssen sich hier die klimatischen Bedingungen ändern. Denn der Wachstumszyklus von Mücken – und damit von Viren und Parasiten – läuft bei hohen Temperaturen und gutem Nahrungsangebot schneller ab. „Das ist der klassische Fall im Rhein-Graben“, sagt Specht. Dort können sich bei geeigneten klimatischen Bedingungen auch Viren, Bakterien und Parasiten vermehren. Bevor sich Krankheiten wie Dengue-Fieber, Zika, West-Nil-Fieber und Malaria erneut ausbreiten, bedarf es zudem eines stetigen Kreislaufs von Infektionen bei Mensch, Tier und Insekten. Lesetipp: WHO warnt – Malaria könnte sich in Europa erneut ausbreiten

Der Klimawandel wird auch für uns zum Problem

„Es kommt ein Problem“, sagt uns der Präventionsmediziner, „das muss man auf jeden Fall im Auge behalten.“ Vorerst sieht es aber nicht nach einer akuten Bedrohung aus – aber sie wird kommen, wenn der Klimawandel weiter zunimmt. „Es braucht erst die Überwachung, also die Überwachung durch die Behörden, um zu erkennen: ‚Wo ist was?‘ sagt Specht, “aber das ist nicht ganz einfach.” In weiteren Schritten wird beispielsweise im Fall der Rheingräben versucht, Mückenpopulationen durch biologische Pestizide oder männliche Kastration zu dezimieren.