Klima senken, engagieren: EU-Staaten sparen bereits Gas – Politiker fordern Handeln in der Schweiz
Diese Woche kündigte Russland an, nur 20 Prozent seines Erdgases nach Europa zu liefern. Während die Nachbarländer mit konkreten Sparmassnahmen reagieren, spricht der Bundesrat von einer Aufklärungskampagne. Grünen Politikern ist das zu wenig. 1/6 Putin kann den Gashebel jederzeit ganz zurückdrehen. Die EU-Staaten haben sich nun auf einen Sparplan geeinigt. Beim Erdgas ist die Schweiz vom Ausland abhängig. LABOR Für den Nationalrat der Grünen, Bastien Girod, ist daher klar: „Auf der einen Seite müssen wir uns mit Europa solidarisieren, auf der anderen Seite haben wir selbst ein Problem, wenn wir so weitermachen wie bisher“, sagt Girod Mitglied des nationalen Energieausschusses. TAMEDIAAG Kollege Kurt Egger (Grüne) hofft, dass die Regierung in den nächsten 14 Tagen vorankommt. Es braucht kreative Lösungen.
Putin gibt manchmal Gas und bremst dann ab. Das sichert unberechenbare Gaslieferungen aus Russland nach Europa. Die EU hat jetzt einen Sparplan für den Erdgasverbrauch aufgestellt. In den Nachbarländern der Schweiz werden Massnahmen ergriffen. Politiker beklagen, dass hierzulande zu wenig getan wird.
Unberechenbare Gaslieferungen aus Russland zwingen Europa zum Handeln: Die 27 EU-Staaten einigten sich auf einen sofortigen Sparplan. Durch einen Kompromiss wollen die teilnehmenden Staaten bis März 2023 insgesamt 15 Prozent beim Erdgas einsparen. EU-Staaten – gasabhängig oder nicht – müssen sich nun daran halten: Eine spanische Vorschrift besagt beispielsweise, dass Klimaanlagen nicht unter 27 Grad Celsius kühlen, Heizungen aber nur bis 19 Grad Celsius heizen dürfen. Dies gilt in ganz Spanien für alle staatlichen Unternehmen, öffentlichen Verkehrsmittel, Geschäfte, Hotels oder Unternehmen. Auch Ministerpräsident Pedro Sánchez forderte die Spanier auf, im Büro keine Krawatten mehr zu tragen. Damit soll bei der aktuellen Hitze weiter Energie gespart werden.
„Wir müssen uns in Europa solidarisch zeigen“
Die Schweiz, die russisches Gas über Deutschland bezieht – das sich wie berichtet als gebunden betrachtet – und in der Regel zu 100% vom Ausland für Gas und Öl abhängig ist, muss noch Vorschriften oder konkrete Sparpläne vorlegen. Für Nationalrat Bastien Girod ist deshalb klar: «Der Bundesrat ist hier besonders passiv.» Schon spät muss die Regierung jetzt sofort handeln: „Auf der einen Seite müssen wir uns in Europa solidarisch zeigen, auf der anderen Seite kriegen wir selbst Ärger, wenn wir so weitermachen wie bisher“, sagt Girod, Mitglied des nationalen Energieausschusses .
Deutschland macht Druck auf die Schweiz
Beim Erdgas ist die Schweiz stark von Deutschland abhängig – und Deutschland wiederum von Russland. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz erhöht nun den Druck auf die Schweiz: Es erachtet es als “angemessen, dass sich auch die Grenzregionen deutlich an den Sparmaßnahmen beteiligen”. Einige Gebiete – wie das Rheintal von St. Gallen und der Kanton Graubünden – beziehen ihr Erdgas laut “NZZ am Sonntag” (kostenpflichtiger Artikel) nur aus Deutschland. Auch diese Gebiete sind nach Angaben des Ministeriums von einem Erdgasnotstand in Deutschland betroffen. Das Eidgenössische Umweltdepartement (UVEK) ist offen für Beiträge. Über die Massnahmen entscheidet der Bundesrat. Gegenüber 20 Minuten sagt auch Partei- und Gremiumskollege Kurt Egger, dass in den nächsten 14 Tagen dringend aufgeklärt werden müsse. Es braucht kreative Lösungen der Regierung, die die Schweiz später vor einem unangenehmen Stau bewahren. Dazu gibt er auch konkrete Ideen: «Die Schweiz sollte eine nationale Beratungsoffensive starten.» Gutachter prüfen auf Kosten des Staates Erdgasheizungen und passen sie gegebenenfalls an. Darüber hinaus sollen durch die sogenannten Auktionen Anreize in der Industrie geschaffen werden, Erdgas einzusparen. Bei diesem Modell können Unternehmen ihre aktive Gaseinsparung gegen eine Gebühr verkaufen.
Kein Sparzwang für Haushalte – sondern Beratung zur richtigen Brause
Privathaushalte sollen laut den beiden Grünen-Nationalrätinnen nicht belangt werden: „Zwangssparen in Haushalten kommt für mich nicht in Frage“, sagt Egger deutlich. Girod hält es jedoch für notwendig, die Bevölkerung in der aktuellen Situation stärker einzubeziehen: „Die Regierung muss die Menschen umgehend mit Kampagnen sensibilisieren und aktiv zum sparsamen Umgang mit Erdgas anregen“, so Girod. Die Schweizer Regierung hat eine solche Kampagne bereits angekündigt: «Wir arbeiten – zusammen mit Wirtschaft und Industrie – an einer Kampagne, um zu zeigen, was jeder von uns beitragen kann», sagt Bundesrätin Simonetta Sommaruga im SRF-Interview. Diese Arbeit sei zu begrüßen, sagt Egger: „Einfache Maßnahmen wie Geschirrspülen in kaltem Wasser, kürzeres Duschen oder die Nutzung der Wärme des Backofens reduzieren den Gasverbrauch bereits um etwa 5 Prozent.“
Was machen andere?
In Italien, das auf russisches Gas angewiesen ist, blickt man in die Zukunft: Der Staat will bis 2024 komplett unabhängig von russischem Gas werden. Als kurzfristige Lösung hat Italien zudem einen Energiesparplan umgesetzt. Auch die Lager selbst werden proaktiv gefüllt.
Frankreich ist mit seinem hohen Anteil an Elektroheizungen im Winter nicht so abhängig von Erdgas und zeigt sich noch stärker solidarisch mit Deutschland: Von Paris aus wurden Erdgaslieferungen ins Nachbarland angeboten, wo jeder zweite Haushalt mit Erdgas beheizt wird. Auch im Inland haushaltet Deutschland sparsam: Bundesfinanzminister Robert Habeck stellte ein Maßnahmenpaket vor. Unternehmen sind per Verordnung zum Energiesparen verpflichtet. So sollten beispielsweise „Umsteigeräume“ wie Flure oder Eingänge im Winter nicht mehr beheizt werden. Außerdem dürfen Hausbesitzer private Pools im Winter nicht mit Erdgas beheizen.
Dänische Unternehmen erhalten beispielsweise derzeit Hilfen zur Einsparung von Erdgas. „Die aktuelle geopolitische Situation könnte dazu führen, dass einige Unternehmen keinen Zugang zu Erdgas haben und daher ihre Produktion einstellen oder reduzieren müssen.“ Ziel des Landes ist es, Unternehmen kurzfristig effizient und schnell beim Einsparen von Erdgas zu unterstützen, etwa durch gewerbliche Beihilfen.
(Miau)