Als der 51-jährige Politiker der Freien Wähler am Montagnachmittag bei der Molkerei am Stadtrand aus seiner Dienstlimousine stieg und direkt auf die Weide zusteuerte, waren mehrere Dutzend Presse- und Rundfunkjournalisten und ähnlich viele Rinder anwesend. wartet schon. „Dann schauen wir mal, ob die Kühe noch weglaufen dürfen“, sagte Aiwanger lächelnd – und kletterte über den vorsorglich abgeschalteten Elektrozaun. Ein ungewöhnlicher Gruß für einen Minister, selbst in Bayern. Aber in diesem Fall passt es zum Thema. Lesen Sie auch Was den Politiker in die Provinz trieb, war ein Thema, das die Menschen am Fuße der Alpen seit einigen Tagen in Atem hält: die sogenannte „Kuhwüste“. Im Mittelpunkt des Falls steht ein 51-jähriger Milchbauer aus Pähl, der 100 Euro Bußgeld plus 28,50 Euro Bearbeitungsgebühr zahlen muss, weil eine seiner Kühe ein Stück Kuchen hinterlassen haben soll. auf dem Asphalt der Dorfstraße. Dann meldete ihn ein Anwohner der Gegend. Ein banaler Vorfall, der sich seither immer weiter ausbreitet und bald auch den Bundesrat beschäftigen wird. Milchbauer Georg Schweiger in Pühl Quelle: Steffen Fründt Lesen Sie auch Eurojackpot-Aktion online Georg Schweiger trug zum großen Tag ein schickes blaues Hemd und steckte es trotz der Hitze in die Hose. Eine Kuh schnüffelt neugierig an ihrer Jeans. Schweiger steht ein wenig verloren im Trubel und fragt sich vielleicht, ob das Ganze den Schubs wirklich wert ist. Er ist Landwirt in der 13. Generation und seine Familie bewirtschaftet hier seit 1666. Lange hat sich niemand dafür interessiert. Doch nun ist die traditionelle Bauernfamilie in Konflikt mit der Ordnungsmacht geraten. Es war der 12. Mai, erzählt Schweiger dem WELT-Reporter bei einem kurzen Spaziergang auf der Kuhweide, morgens um 8 Uhr. Morgens führte er seine 22 Kühe wie jedes Mal über die 300 oder 400 Meter zwischen Stall und Weide. Tag. Dann hat eine Kuh, ganz allein, schwört er, ein Stück Kuchen hinterlassen.
Großflächige Straßenverschmutzung? “Es war nicht groß”
„Ich habe das Rohmaterial entfernt“, schwört Schweiger und beschreibt das Ausmaß und die Konsistenz des althergebrachten und grobkörnigen Asphalts, der es unmöglich machte, es ohne Wasser vollständig zu entfernen. Nichts half: Wenige Tage später landete ein Schreiben der Stadtverwaltung im Briefkasten, eine Anhörungskarte, in der Schweiger aufgefordert wurde, sich zu der ihm vorgeworfenen flächendeckenden Straßenverschmutzung zu äußern. Schweiger leugnete und bestreitet nicht den Vorgang an sich, sondern die Dimension. Lesen Sie auch “Es war nicht umfangreich.” Schweiger gibt zu, dass sich der Nachbar vor vier Jahren über den Mist beschwert habe. Er behauptet jedoch, dass die unmittelbaren Anwohner des Straßenabschnitts und die Mehrheit im Dorf kein Problem mit der Gülle hätten. Die zuständigen Behörden gaben jedoch nicht nach und schickten Schweiger eine Geldstrafe. Knapp 130 Euro müsste er zahlen. In der vergangenen Woche erreichte die Angelegenheit sogar die Staatsanwaltschaft. „Ich finde das übertrieben“, sagt Schweiger.
“Was kommt als nächstes für die Rinderweide?”
Nun hat sich der bayerische Finanzminister Hubert Aiwanger, der vor seiner politischen Karriere auf dem elterlichen Hof mithalf und Landwirtschaft studierte, der Sache angenommen. Man könne Kühen keine Windeln anlegen und sie nicht mit dem Helikopter auf die Weide fliegen, kommentierte er ursprünglich in der landwirtschaftlichen Wochenzeitung. Dann erkannte er, dass das Thema für ein breiteres Publikum interessant sein könnte und organisierte eine PR-Veranstaltung auf der grünen Wiese. Wenn Kühe nicht mehr auf die Straße dürften, sagte er etwas deutlicher, dann stelle sich die grundsätzliche Frage: “Was passiert neben den Kühen, die grasen?” Aiwanger (l.) überreicht Landwirt Georg Schweiger einen Umschlag mit 130,00 Euro in bar – aus eigener Tasche Quelle: dpa Mit einem bayerischen Kirchturm und kauenden und verdauenden Kühen im Rücken und vielen Taschenlampen vor sich überreichte Aiwanger dem Bauern Schweiger hundert, zwanzig und zehn auf einer Klarsichtfolie. Die Rechnungen stammten nicht aus dem Ministerhaushalt, sondern aus seiner privaten Brieftasche, wie er betonte. Sollte die Gemeinde zur Vernunft kommen und das Bußgeld zurücknehmen, soll das Geld dem Gemeindekindergarten zukommen.
Pähls Kuhmist kam gerade noch rechtzeitig
Ein echter Kuh-Coup vor einer nicht zufällig gewählten Kulisse. der Termin wurde sogar kurzfristig auf einen anderen Pähler-Bauernhof verschoben. Denn mit der symbolischen Zustellung des Bußgeldes ist der Fall für Aiwanger noch nicht beendet. Er will, dass Kuhmist künftig gesetzlich geschützt wird, ebenso wie Kirchenglocken und Glockengeläute. Hubert Aiwanger vor Dutzenden Journalisten in Pühl Quelle: dpa Das Regierungskabinett hat vergangene Woche eine von den Freien Wählern lancierte Bundesratsinitiative zum Schutz des Kulturgutes «greifbares Erbe» beschlossen. Nach der Sommerpause soll der Bundesrat über eine entsprechende Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes beraten. „Dann können die Länder bestimmen, was wir aushalten müssen“, sagte Aiwanger auf der Kuhweide. In Bayern sei das das Läuten von Glocken und Kühen, in Hamburg vielleicht der Geruch von Fischmarkt und Schiffsgetümmel, erklärte Aiwanger die Idee. Pähs Kuhmist war dafür nützlich. Der Bürgermeister von Pähl Werner Grünbauer wurde von der Staatsministerin nicht zur Ortsbesichtigung eingeladen und erschien nicht. Der Kommunalpolitiker, selbst Landwirt, hatte zuvor angedeutet, dass in seiner Gemeinde nicht jeder Laib Brot mit einer Geldstrafe belegt werde. In diesem konkreten Fall würde der betroffene Anwohner jedoch “überhaupt nicht auf die Straße gehen, ohne in Aufruhr zu geraten”, erklärte er Reportern. Aiwanger konterte dagegen, er habe sich die Fotos des Fladenbrots von der betroffenen Person schicken lassen. „Die Bilder haben mich nicht schockiert“, sagte der Minister. Er riet dem männlichen Neuankömmling, den Kuhmist selbst zu sammeln und damit seine Erdbeeren und Tomaten zu düngen. Hier können Sie sich unsere WELT-Podcasts anhören Zur Anzeige der eingebetteten Inhalte ist Ihre widerrufliche Einwilligung zur Übermittlung und Verarbeitung personenbezogener Daten erforderlich, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung benötigen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem Sie den Schalter auf „on“ stellen, erklären Sie sich damit einverstanden (jederzeit widerrufbar). Dies umfasst auch Ihre Zustimmung zur Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten an Drittländer, einschließlich der USA, gemäß Artikel 49 Absatz 1 Buchstabe a DSGVO. Hier finden Sie weitere Informationen dazu. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit über den Schalter und über den Datenschutz unten auf der Seite widerrufen.