„Ich kaufe eure Züge“ stand auf den Zetteln, die Hans Willi Walter (64) als Student verteilte. Heute beschäftigt es sechs Mitarbeiter auf 600 Quadratmetern und öffnet seinen Showroom in Leonberg (Baden-Württemberg) nur für registrierte Kunden. Für ihn war der Spielzeugeisenbahnhandel es wert. Vater Hans-Will (r.) und Sohn Till Walter stiegen ins Modellbahngeschäft ein Foto: Martin Storz
Aber gilt das auch für Investoren? Können sie noch einsteigen und für die Traumheimkehr ins Schlafzimmer rollen? Oder ist der Zug schon für Sie abgefahren? Bahnkunden wissen, dass Bahnfahren immer wieder Überraschungen bereithält. Ab Abfahrtszeiten. „Corona hat unserem Geschäft einen weiteren Schub gegeben“, sagt Till Walter (31), Sohn von Hans-Willi und Co-Geschäftsführer. „Einige nahmen sich die Zeit, sich in das Thema einzulesen und begannen, ein solides System aufzubauen. Aber wenn Sie Modelleisenbahn als Investition betrachten, sollten Sie ein paar Dinge wissen.”

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„Manche Dinge entwickeln sich im Preis wenig oder gar nicht“, sagt der Junior. „Aber es gibt auch Modelle wie die Märklin 39241. Dieses französische Lokmodell kam 2018 auf den Markt und kostete damals 600 Euro. Heute müssen Sie 1.500 Euro hinlegen – zweieinhalb Mal mehr!“. Grund für diese Preisentwicklung: Die Lokomotive erschien in einer limitierten Auflage. Wie hoch, ist unklar. Allein die Tatsache, dass es nicht mehr hergestellt wird, ließ seinen Preis unter Sammlern steigen. Primex ist das Kaufhaus-Sortiment von Märklin – doch das Modell, das es in den 1980er-Jahren für 30 Euro zu kaufen gab, kostet heute deutlich mehr Foto: Martin Storz
Till Walter unterscheidet drei Kundengruppen: – der Klassiker Spieler, der seine Lok fahren sehen will. “Der Wiederverkaufspreis interessiert ihn nicht.” – Das Kollektordie nur ein Objekt will. „Er packt die Lokomotive gar nicht aus, sondern stellt sie hin und ist froh, sie zu haben.“ – Das Investorder die Lokomotive kauft und auf einen hohen Wiederverkaufswert hofft. „Wenn er es klug macht, sind etwa fünf Prozent im Jahr möglich“, sagt Walter. Geist ist das Schlüsselwort. Der Klassiker-Sammler wird von Leidenschaft angetrieben. „Solange der Bahner baut, ist er der Macher“, stellte Senior Hans-Willi fest. “Wenn die Eisenbahn endet und keine Züge mehr entgleisen, ist er nur noch Zuschauer.” Dann kommt nicht selten Langeweile auf. Mit der sehr seltenen Betriebsnummer V200 057 ist das ehemalige 30-Euro-Modell jetzt 500 Euro wert Foto: Zu Walter
„Einige verkaufen und sammeln dann wieder – Züge mit anderer Spurweite oder von einem anderen Hersteller“, sagt Till Walter. Mit dem Verkauf solcher Sammlungen wird selten Geld verdient. “Der Preis, den Sie für den Bausatz bezahlt haben, beinhaltet bereits die Erfahrung, etwas zu bauen und zu entwerfen.” Walter kauft auch solche Anlagen, bietet dann aber das Zubehör – Gleise, Signalanlagen, Trafos – bei Ebay zum Kauf an. So findet er jeden Tag 60 Artikel dieser Art. Schienenfahrzeuge sind für sein Handwerk sehr interessant – insbesondere Lokomotiven. Zug-Legende: der kanadische Northlander, der zuvor (1957 bis 1977) als TEE in Europa unterwegs war Foto: Martin Storz
Ihr Preis richtet sich nach Zustand, Seltenheit und anderen Besonderheiten. „Zum Beispiel dieser Märklin Northlander“, sagt Walter. 5.000 der blauen und gelben Triebzüge wurden gebaut, kamen 1978 in den Handel und kosteten jeweils 200 Mark. “Heute werden bis zu 1000 Euro gehandelt.” Der Grund: Die Serie ist nummeriert. Walters Exemplar ist nummeriert 178 von 5000. Walter: „1 bis 50 werden besonders hoch gehandelt, weil sie nur für Märklin-Läden bestimmt waren und gar nicht verkauft werden sollten.“ Es gibt Bereiche, in denen die Sammlung von Eisenbahnen an das Innere grenzt. Die Lokomotive 7093 von Bing (bis 1932 ein Märklin-Konkurrent) wurde von einem angetrieben Foto: Martin Storz
Dass eine Lokomotive des Nürnberger Herstellers Bing 12.000 Euro kosten soll, überrascht weniger. Immerhin stammt die Lokomotive aus dem Jahr 1905 und wird von einer echten Lokomotive angetrieben. Eine echte Antiquität! Kopien sind jedoch auch seit vielen Jahren auf dem Markt bestätigt. Dabei handelt es sich um Nachbauten von Modellen aus den 1920er und 1930er Jahren, jedoch ausgestattet mit heutiger Technik – z.B. einstellbare Scheinwerfer, gespeicherte Geräusche und leichtere Motoren mit mehr Durchzugskraft. Der Kessel der Lokomotive 7093 wurde durch eine Brennkammer beheizt Foto: Martin Storz
„Manchmal bringen diese modernisierten Nachbauten mehr ein als gut erhaltene Originale“, sagt Walter. Warum; Die Erklärung liegt einmal mehr in der Seltenheit der Stücke: “Es sind hauptsächlich Handarbeiten, das Ergebnis kleiner Werkstätten, in denen Enthusiasten eine begrenzte Anzahl von Stücken zusammenbauen.” Der heilige Gral der Bahnszene ist das „Krokodil“ – eine Schweizer Elektrolokomotive, die ab 1919 von der Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) und der Schweizerischen Lokomotivfabrik (SLM) in Winterthur gebaut wurde. „Unser Modell kostet 8.000 Euro“, sagt Walter. „Vor zehn Jahren war er noch für rund 6.000 Euro zu haben – und es ist davon auszugehen, dass der Preis weiter steigen wird.“ Bahnlegende in Grün: das Schweizer „Krokodil“ als Märklin-Modell von 1950 Foto: Martin Storz
Wenn selten, können auch Nicht-Lok-Stücke Geld bringen – wie Leipziger Bahnhof 20 37G. Seit 1928 war das Wild immer selten und fast ein Jahrhundert später ist es nur noch seltener geworden. Aktueller Preis: 35.000 Euro. “Wir haben es im Oktober an einen Amerikaner verkauft”, sagt Walter. „Leider traten dann in seiner Familie gesundheitliche Probleme auf, die nicht von seiner Krankenkasse übernommen wurden. Also hat er den Sender vier Monate später wieder an uns verkauft – mit 12 Prozent Gewinn.“ Märklins Leipziger Bahnhof (um 1928) lässt sich durch ein Foyer zu einer Bahnhofslandschaft erweitern
Foto: Martin Storz
Der Modellbahnmarkt ist da und lebendig. Walters Kunden sind hauptsächlich in Europa ansässig, aber er liefert seine Lokomotiven auch nach Südamerika und sogar nach Afrika – Gebiete, die nicht unbedingt durch Eisenbahnen verbunden sind. „Wir bekommen auch Aufträge aus Thailand“, sagt Walter. „Und die Absender haben keine deutschen Namen. Sie sind keine Einwanderer, sie sind Thailänder, die es kaufen.“ Walter hat einen Ratschlag für alle, die Modelleisenbahnen als Geldanlage betrachten: „Wer sich in diesem Bereich nicht auskennt, sollte zu einem seriösen Händler gehen und sich beraten lassen. Wichtig ist, dass die Artikel in gutem Zustand, nicht restauriert und möglichst noch originalverpackt sind. Und: Ein Investor sollte lieber in wenige Spitzenstücke investieren als in viele mittelmäßige Sachen.“