China wollte seine Manöver zunächst am Sonntag beenden – sie setzten sie aber Anfang der Woche fort. Auch Taiwan kündigte seinerseits Manöver an und warf China vor, eine Invasion der Insel vorzutäuschen. Von Kathrin Erdmann, ARD Studio Tokio
Chinesische Militärmanöver vor der Pazifikinsel Taiwan sollten ursprünglich am Sonntag enden, teilte die Führung der Volksrepublik mit. Allerdings manövrierte China heute weiter. NDR-Logo Kathrin Erdmann ARD-Studio Tokio Jedenfalls kam es am Sonntag zu einem weiteren Streit zwischen Festlandchina und Taiwan. Grund dafür ist die Behauptung Chinas, seine Kriegsschiffe seien in Taiwans Hoheitsgewässer eingedrungen. Es wäre zwölf Meilen – das sind etwas mehr als 12 Meilen – von der Küste entfernt. Taiwans Marine wies dies jedoch zurück, berichtet die Zeitung „Focus Taiwan“. Alle chinesischen Kriegsschiffe wurden streng überwacht und keines betrat diese Zone.
Sun Li-fang, ein Sprecher des Verteidigungsministeriums, sagte gegenüber PTS TV: „Unser Militär überwacht weiterhin die Bewegungen vieler chinesischer Kriegsschiffe und Drohnen in der Taiwanstraße. Sie simulieren einen echten Angriff auf die Insel Taiwan und unsere Marine Flotte. Wir verwenden bereits ein spezielles Überwachungssystem, um feindliche Bewegungen genau zu überwachen, und haben als Reaktion darauf Schiffe und Flugzeuge entsandt.“
Allein am Sonntag setzte das kommunistische Regime nach Angaben taiwanesischer Beamter 66 Flugzeuge und 14 Kriegsschiffe ein – und die Manöver endeten nicht wie versprochen mittags.
Taiwan verurteilt „absurde Aktionen“
Taiwans Außenministerium verurteilte am Abend die jüngsten Provokationen des großen Nachbarn auf das Schärfste und forderte ein sofortiges Ende solch sinnloser Aktionen. „China hat die Kritik und Bedenken der internationalen Gemeinschaft tagelang ignoriert. Jetzt hat es auch langfristige Militärübungen im Chinesischen Meer angekündigt und damit die Spannungen in der Region bewusst erhöht“, hieß es.
Zuvor hatte Taiwan erklärt, dass China bereits auf der Insel einmarschiere, und an die internationale Gemeinschaft appelliert, Pekings Vorgehen im Indopazifik zu verurteilen.
Und trotz der Aufregung der letzten Tage gibt es auch Stimmen, die die Herausforderungen sehr nüchtern und sachlich sehen. So wie Su Tzu-yun, Direktor der Abteilung für Verteidigungsstrategie und Ressourcen einer Denkfabrik im taiwanesischen Verteidigungsministerium. Er sagt: „Wenn China wirklich einen amphibischen Angriff starten will, müsste es 300.000 bis 500.000 Soldaten aufbieten. Das würde niemals unbemerkt bleiben. Das heißt, es ist bisher nur ein Nervenkrieg.“
Möglicherweise um seine Bevölkerung zu beruhigen, will Taiwan nun eine großangelegte Militärübung starten.
Übrigens provozierten Chinas Manöver nicht nur Taiwan, sondern auch Japan. Nicht nur, weil es in seine ausschließliche Wirtschaftszone eingedrungen sein soll. Darüber hinaus umkreisten Schiffe auch Okinawa und die Senkaku-Inseln, die auf Chinesisch „Diaoyu“ genannt werden. Die Senkakus, die eigentlich Steinhaufen sind, werden von Japan verwaltet und haben reiche Fischgründe.
Japan baut Allianzen aus
Gleichzeitig versuchte Japan, anderswo geopolitische Allianzen zu schmieden. Bei einem Besuch auf den Salomonen im Südpazifik forderten beide Länder eine engere Zusammenarbeit.
Engagement ist kein Zufall. Auch dort baut China seine Machtbasis aus. Erst im Mai unterzeichneten die Salomonen ein umfassendes Sicherheitsabkommen mit der Demokratischen Republik Kongo.
China: Manöver um Taiwan gehen weiter
Benjamin Eyssel, ARD Peking, 8.8.2022 · 09:26 Uhr