01.08.2022 04:08
Die Angst vor einem chinesischen Angriff auf Taiwan wächst. CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter sieht dafür deutliche Anzeichen. Die Folgen einer solchen Eskalation wären auch für Deutschland verheerend, warnt FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff. Angesichts erneuter Spannungen zwischen China und Taiwan warnen deutsche Außenpolitiker vor einer Eskalation des Konflikts. Derzeit steige der Druck, weil auf dem Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas im Herbst ein Strategiewechsel bevorstehen könnte, sagte der FDP-Fraktionsabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff der „Rheinischen Post“. „Wenn der chinesische Präsident Xi Jinping einen Angriff auf Taiwan erwägt, müssen die USA entscheiden, ob sie eingreifen oder nicht. Wenn es einen Angriff gäbe, hätte das verheerende Folgen, auch für unsere Wirtschaft.“ Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sagte der Zeitung: Er befürchte, dass ein chinesischer Angriff auf Taiwan viel früher kommen könnte als bisher angenommen. China schaut bereits sehr genau hin, wie der Westen mit Russland umgeht. “Die chinesische Regierung könnte in einem früheren Angriff einen strategischen Vorteil sehen, weil der Westen derzeit viele Fähigkeiten für den Konflikt mit Russland einsetzt.” Die kommunistische Führung in Peking betrachtet das freie Taiwan als Teil der Volksrepublik und will es international isolieren. Auf der anderen Seite betrachtet sich die Inselrepublik mit 23 Millionen Einwohnern längst als unabhängig. Seit der russischen Invasion in der Ukraine sind die Ängste vor einer chinesischen Übernahme gewachsen. Die Vereinigten Staaten setzen auf Taiwans Fähigkeit zur Selbstverteidigung – was bisher vor allem Waffenlieferungen bedeutete.
Der Pelosi-Trip wird zum Stresstest
Spekulationen über eine mögliche Taiwan-Reise der US-Repräsentantenhaussprecherin Nancy Pelosi haben zuletzt die Spannungen verschärft: Chinas Militär hat am Samstag offenbar als Warnung an Washington Manöver mit scharfer Munition in der Nähe von Taiwan durchgeführt. Bei der Ankündigung ihrer Reise, die am Sonntag begann, ließ Pelosi offen, ob sie in Taiwan Halt machen würde. China hatte davor eindringlich gewarnt und mit Konsequenzen gedroht. Chinas Führung empfindet die Besuche ausländischer Politiker in Taiwan als Herausforderung. Laut Lambsdorff stammt ein Drittel der weltweiten Halbleiterproduktion aus Taiwan. „Für uns werden fast alle Lieferketten der Industrie betroffen sein, viele technische Produkte könnten nicht mehr hergestellt werden. Von der Waschmaschine bis zum Flugzeug.“ Er fügte hinzu: „Es ist in unserem Interesse, dass es keinen parallelen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine und zwischen China und Taiwan gibt.“ Halbleiter sind heute fast überall zu finden, zum Beispiel in Smartphones, Computern, Autos oder medizinischen Geräten. Eine Verknappung hatte während der Corona-Pandemie in vielen Branchen zu Preiserhöhungen und Lieferkettenproblemen geführt. Besonders in Taiwan gibt es große Produktionskapazitäten. In den Vereinigten Staaten verabschiedete der Kongress kürzlich ein umfassendes Gesetz zur Förderung der heimischen Halbleiterfertigung. Es geht auch darum, die Abhängigkeit von der Chipproduktion in Asien zu verringern. Angesichts der Spannungen mit China macht sich die US-Politik Sorgen um die Versorgungssicherheit.