Zum Abschluss ihrer Tour traten die Rolling Stones in der Berliner Waldbühne auf. Es hätte das letzte Mal sein können – aber es scheint mir nicht. Mick Jagger hat sich gut auf die Show in Berlin vorbereitet. „Gestern bin ich am Berliner Flughafen angekommen“, sagt er mitten im Konzert im besten Deutsch, das er auswendig kann. “Ein Schnäppchen von 7 Milliarden Euro!” lehnt ab und meint BER. Er ist gleich essen gegangen, weil Berlin das beste „Essen“ in Deutschland hat. „Ein Curry und Hackfleisch“, listet er sein Essen auf. Immer noch auf Deutsch. Kein Wunder: „Nach fünf Schnappschüssen war mein Deutsch perfekt.“ Nicht nur seine Sprachkenntnisse stehen an diesem Abend auf der ausverkauften Waldbühne. Um 19.45 Uhr, kurz nach Einbruch der Dunkelheit, startet die älteste Rockband der Welt mit dem Song „Street Fighting Man“ in ein Konzert, bei dem niemand auf die 60-jährige Geschichte der Band hört. Keith Richards Riffs sind präzise und beißen in die warme Sommerluft. Ron Wood perfektioniert weiterhin die Mischung aus Gitarre und Begleitung für Richards. Und über Mick Jaggers Fitness brauchen wir kein weiteres Wort verlieren. Die Show, sagt Jagger nach ein paar Songs, sei Charlie Watts gewidmet. Der im vergangenen Jahr verstorbene Schlagzeuger und Gründungsmitglied. Tatsächlich scheint Richards ohne seinen Freund im Mittelpunkt manchmal ein wenig verloren zu sein. Vor allem, wenn Ron Wood bei seinen Soli die Weiten der Bühne erkundet, als wollte der junge Mann der Band zeigen, dass es nicht an der Zeit ist, aufzuhören. Wood ist 75, Richards 78, Jagger 79. Das Publikum zieht mit. Sie braucht keine Ermutigung von Jagger, um mit ihm zu singen. er macht alles alleine. Auch der 2020 erschienene Song „Ghost Town“, der in Deutschland auf Platz 1 der Charts landete, die Klassiker aber wohl nie überholen wird, kam beim Publikum gut an. Vergrößern Als die Rolling Stones 1965 ein relativ kurzes Konzert in der Waldbühne spielten, endete es damit, dass Fans Bänke zertrümmerten, Ampeln umschlugen und S-Bahnen umschlugen. © AFP/INA FASSBENDER Auch nachdem es zu Ende ist, singen die Fans das Lied weiter, bis Richards sie mit „Honky Tonk Woman“ unterbricht. Das nächste Highlight. Treffer folgt auf Treffer. Bemerkenswert: Mit „Fool to Cry“ spielen sie einen Song, den sie sich für diesen letzten Gig der Tour aufgespart haben. Und: Bei „Miss You“ darf Bassist Darryl Jones das wohl längste Solo spielen, seit er für die Stones spielte, steht die Bohne. Und das seit 1994. Keith Richards riffelt dann auf der Bühne zu „Start Me Up“. Andere Gitarrenvirtuosen können so schnell über das Griffbrett solieren. „Solos gehen, Riffs bleiben“, sagt Richards gerne. Bei jedem Konzert singt Keith Richards zwei Songs in der Mitte, während Jagger eine Verschnaufpause einlegt. Dies wird von vielen Fans oft fälschlicherweise als Gelegenheit genutzt, sich ein Bier zu schnappen. Diesmal werden es jedoch die persönlichsten Momente des Abends sein. „Es ist gut, hier zu sein“, begrüßt Richards das Publikum, wie er es bei fast jedem Konzert tut. Dann freut sich das Publikum meist über das Lob für die Heimatstadt, nur um zu hören, wie Richards es gleich relativiert: „But it’s good to be anywhere.“ Routine bisher. Aber diesmal folgt jemand: “Es ist gut, hier zu sein, besonders in Berlin!” Es seien schließlich schlechte Zeiten, fügt er hinzu. “Wer weiß, was noch passieren wird.” Lesen Sie mehr über die Rolling Stones in Berlin im Tagesspiegel Plus. 30 Tage kostenlos testen: Dann erklingt das leise „You Got the Silver“. Es muss ein schlechter Zeitpunkt für Lebemann Keith Richards sein, um seinen Optimismus zu verlieren. Aber nur kurz. Sein zweites Lied ist „Happy“. Der Titel sagt alles. Richards beendet sein Gesangsintermezzo mit dem Kommentar „It’s good to be anywhere“. Schwierig wurde das Konzert später noch einmal, als während „Gimme Shelter“ Bilder von zerbombten Häusern aus der Ukraine auf den Bildschirmen auftauchten. “Es ist nur einen Schuss entfernt.”

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Rolling-Stones-Schlagzeuger gestorben Charlie Watts war der einzige Erwachsene unter den ewigen Hooligans Mit den Zugaben „Sympathy for the Devil“ und „Satisfaction“ endet das Konzert und damit auch die aktuelle Stones-Tournee. Es hätte das letzte Konzert in Berlin sein können. Vielleicht der letzte in Deutschland. Oder gar die allerletzte? Es scheint mir nicht.