Nachdem am Samstag in Göttingen fünf Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg explodiert sind, zieht die Stadt eine positive Bilanz. Weder Personen noch Gebäude wurden beschädigt. Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) sprach von einem „erschreckenden“ Ergebnis – vor allem angesichts der Bombenzahlen. „Alle haben einen tollen Job gemacht. Das gilt auch für die Menschen hinter den Kulissen“, sagte Broistedt. Ähnlich äußerte sich Christian Schmetz, Erster Stadtrat und Leiter der Task Force. Gleichzeitig wies er auf die hohe Wahrscheinlichkeit weiterer Bombenräumungen in der Stadt in naher Zukunft hin. „Es ist enorm, woran wir in Göttingen noch arbeiten müssen. Aber wir werden diesen Weg weitergehen“, sagte Schmetz. In der Stadt werden seit Monaten rund 80 verdächtige Stellen kontrolliert. Die Ermittlungen würden noch Jahre andauern, sagte er.

Sprengmeister: „Alles hat hundertprozentig funktioniert“

Mehrere Hundert Einwohner verbrachten den Samstag im Evakuierungszentrum. Am Samstag wurden fünf Verdachtsstellen im Westteil von Göttingen freigelegt und von Munitionsexperten überprüft. Etwa 10.000 Einwohner waren zuvor aus dem Gebiet evakuiert worden. Wie sich im Laufe des Tages herausstellte, handelte es sich bei allen fünf Fällen um Langzünderschrott aus dem Zweiten Weltkrieg. Die fünf Zehnhundertbomben konnten nicht neutralisiert werden, sie wurden spät in der Nacht kontrolliert gezündet. Drei dumpfe Knallgeräusche ertönten über weiten Teilen der Stadt – nur drei, weil drei der fünf Bomben so nah beieinander waren, dass sie gleichzeitig hochgehen mussten. Drohnenaufnahmen zeigten Fontänen, die in den Abendhimmel schossen. Das lag an den Sicherheitsmaßnahmen: Um die Explosionen zu dämpfen, wurde das Gelände mit Zehntausenden Litern Wasser in Säcken übergossen. Ein angrenzender Raum war unter anderem durch eine Wand aus Überseecontainern abgeschirmt. „Alles hat hundertprozentig funktioniert“, sagt Abbruchspezialist Marcus Rausch. Er sprach von einer hervorragenden Leistung.

Die Evakuierung verzögerte sich um mehrere Stunden

Der Evakuierungsbereich wurde gegen 23:15 Uhr wieder geräumt. Anschließend durften die betroffenen Bewohner in ihre Wohnungen zurückkehren. Sie mussten am frühen Samstagmorgen abreisen. Die Säuberung des Sperrgebiets verlief heute Morgen nicht ganz reibungslos. Tatsächlich mussten alle den Evakuierungsbereich bis 6 Uhr morgens verlassen. Doch Stunden später wurden nach Angaben der Stadt mehrere Personen in dem Sperrgebiet gesichtet. Gegen 10:00 Uhr soll der Bereich vollständig geräumt worden sein. Doch dabei blieb es nicht: Weil sich Menschen später noch einmal meldeten, mussten die Kampfmittelbeseitiger morgens zweimal die Arbeit niederlegen und die Polizei kontrollierte das Sperrgebiet.

Auch der Bahnhof wurde gereinigt

Der Göttinger Hauptbahnhof war am Samstag geschlossen. Die Rettungskräfte gingen vom frühen Morgen an von Tür zu Tür, um zu überprüfen, ob die Bewohner ihre Häuser verlassen hatten. Auch zwei Drohnen und ein Polizeihubschrauber kamen zum Einsatz. Der Bahnhof wurde gegen 7 Uhr geräumt und geschlossen. Die Deutsche Bahn leitet Fernzüge großflächig um. Viele Straßen waren gesperrt. Das Sperrgebiet hatte einen Radius von 1.000 Metern. Rund 1.800 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, THW, Rettungsdiensten und weiteren Hilfsorganisationen waren am Wochenende für Evakuierungs- und Sicherungsarbeiten im Einsatz. Die Göttinger Polizei wurde von Hunderten aus ganz Niedersachsen unterstützt.

Dieser Bereich wurde evakuiert

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 31.07.2022 | 13:00 ‚Oh Zeit